Kann die KI Erfinder sein?
- Sara Farahmand-Nejad
- 28. Aug.
- 4 Min. Lesezeit
Die Welt befindet sich im stetigen Wandel, insbesondere durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Damit entstehen neue, bislang ungeklärte Rechtsfragen. Eine davon: Kann ein KI-System als "Erfinder" i.S.v. § 37 PatG gelten? Genau diese Frage stellt sich im Fall von "DABUS" (Device for Autonomous Bootstrapping of Unified Sentience), einem KI-System, das im Rahmen einer Patentanmeldung für einen Lebensmittel- bzw. Getränkebehälter als "Erfinder" i.S.d. § 37 PatG benannt werden will.
Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) lehnte die Anmeldung ab. Daraufhin klagte der US-amerikanische Forscher Stephen Thaler, der zugleich der Entwickler von "DABUS" ist.
Der Fall "DABUS" kurz erklärt:
Dr. Stephan Thaler entwickelte die KI "DABUS", die zwei technische Konzepte generierte: einen Lebensmittelbehälter mit spezieller Struktur zum schnelleren Erwärmen sowie ein Blinklicht mit auffälligen Signalsequenzen.
Thaler meldete hierfür weltweit Patente an und benannte dabei "DABUS" selbst als Erfinder. Ziel war es, die rechtliche Anerkennung einer KI als Erfinder gerichtlich überprüfen zu lassen.
Die Argumentation des BGH
Der BGH stellt klar, dass eine KI nicht als Erfinder i.S.d. § 37 I PatG gelten kann. Dies ist unabhängig von ihrer Funktionsweise. Die Entscheidung wird durch § 6 PatG begründet, wonach der Erfinder oder dessen Rechtsnachfolger das Patentrecht zusteht. Der Begriff "Erfinder" i.S.d. § 6 PatG umfasst die rechtlichen Beziehungen und die eigentliche kreative Leistung bzw. die Umsetzung, die jemand entwickelt hat. Ein KI-System könnte aufgrund der Definition nicht die Rolle eines Erfinders übernehmen.
Demgegenüber sollte der technische Fortschritt berücksichtigt werden und eine Anpassung dessen wäre sinnvoll. Trotzdem sieht der BGH keinen Anlass, den Erfinderbegriff gesetzlich zu erweitern. Entscheidend ist weiterhin, dass ein menschlicher Beitrag vorhanden ist und dieser den Gesamterfolg beeinflusst hat.
Wird in einem Patentantrag erwähnt, dass das KI-System (z.B. DABUS) bei der Erfindung geholfen hat, reicht es aus, einen Menschen als Erfinder zu benennen. Es muss klar sein, dass nicht die KI selbst als Erfinder gilt, sondern nur als Werkzeug gedient hat.
Der BGH stellt daher ganz klar: der Mensch steht weiterhin im Zentrum des Patentwesens.
Die Argumentation von Thaler
Thaler trug vor, dass die Erfindung vollständig von "DABUS" generiert wurde, ohne menschliche schöpferische Mitwirkung. Daher würde ein falscher Name gegen die Wahrheitspflicht im Patentrecht verstoßen. Er verglich "DABUS" mit einer juristischen Person (z.B. einer Firma) und argumentierte, dass das auch keine Menschen sind. Trotzdem haben Firmen Rechte und Pflichten und daher sollte die KI, zumindest für die Erfinderbennenng, zugelassen werden. Er argumentiere auch damit, dass das Patentrecht mit dem technologischen Fortschritt Schritt halten müsse und sonst Deutschland im globalen Wettbewerb verliere.
Wie andere Länder mit KI als Erfinder umgehen
Auch im internationalen Vergleich zeigt sich ein klares Bild: Nur Menschen können als Erfinder benannt werden.
Der UK Supreme Court entschied Ende 2023, dass der Erfinderbegriff im Patentrecht ausschließlich nur natürliche Personen umfasst. Ob und wie mit von KI generierten Erfindungen künftig umzugehen ist, sei eine grundsätzliche Frage des Patentsystems. Die Gerichte können darüber nicht entscheiden, sondern allein der Gesetzgeber.
In den USA urteilte das Bundesberufsgericht ähnlich. Der Begriff "individual" im Patentgesetz beziehe sich nur auf Menschen. Eine andere Auslegung des eindeutigen Gesetzeswortlaut lässt das Gericht auch hier nicht zu.
Auch in Australien wurde die Diskussion geführt. Während ein erstinstanzliches Gericht die KI zunächst als Erfinder zuließ, revidierte der Full Court (= wird in Australien für Berufungen eingesetzt, bei denen ein Richter in erster Instanz eine Entscheidung getroffen hat, die nun angefochten wird) diese Entscheidung. Zusammenfassend kann auch in Australien nur eine natürliche Person ein Erfinder sein.
In Japan ging die Patentanmeldung mit "DABUS" als Erfinder ebenfalls nicht durch. Am 30.01.2025 bestätigte das Intellectual Property High Court das Urteil: Künstliche Intelligenzen können nach derzeitiger Rechtslage nicht als Erfinder anerkannt werden und argumentierte auch mit dem Gesetzwortlaut. Ein offizieller Gesetzgebungsprozess ist in Japan angestoßen worden, und die Diskussionen laufen bereits.
Damit folgt auch der BGH mit seiner Entscheidung vom 11.Juni 2024 diesem internationalen Konsens. Die Künstliche Intelligenz gilt weltweit als Werkzeug, nicht als Träger eigener Erfinderrechte. Die einzige Ausnahme ist Südafrika wo Thaler "DABUS" als Erfinder durchsetzen konnte. Ob das auch in Zukunft in Deutschland der Fall sein wird, bleibt eine Frage des Gesetzgebers.
Was ist jetzt für die Zukunft wichtig?
Mensch als Erfinder bleibt Pflicht: Auch bei KI-gestützten Erfindungen muss immer eine natürliche Person im Patentantrag benannt werden. Das KI-System dient nur als Werkzeug.
Die Dokumentation wird entscheidend: Unternehmen und Einzelpersonen müssen klar festhalten, welchen Beitrag der Mensch geleistet hat, z. B. Idee, Steuerung oder Bewertung der KI-Ergebnisse.
Die Stärkung der menschlichen Rolle: Trotz wachsender Bedeutung von der KI bleibt der Mensch rechtlich im Mittelpunkt der Innovationsprozesse.
Neue Standards entstehen: Zukünftig werden strukturierte Aufzeichnungen über Entwicklungsprozesse und KI-Nutzung zur Praxis gehören, um die Patentfähigkeit abzusichern.
BGH Beschluss vom 11.06.2024 - X ZB 5/22
Die Inhalte dieses Beitrags dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken und stellen keine Rechtsberatung dar.
Recht logisch: KI trifft Gesetz ist eine Reihe von PANTA, in der Sara Farahmand-Nejad, KI Fellow bei PANTA und angehende Juristin, die Rechtsfragen rund um Künstliche Intelligenz verständlich einordnet. Es geht um Haftung und Verantwortung, Datenschutz und Urheberrecht, um verschobene Normen, neue Grauzonen und anstehende Regulierung. Klar, kompakt, praxisnah: Was gilt, was kommt und was das für Unternehmen, Verwaltung und Alltag bedeutet.