Neuseeland zwischen Innovation und Tradition: Wie ein kleines Land KI neu denkt
- Arian Okhovat Alavian
- vor 6 Tagen
- 9 Min. Lesezeit

Neuseeland verbinden die meisten Menschen mit atemberaubenden Landschaften, Rugby und „Der Herr der Ringe“, wahrscheinlich weniger jedoch mit Künstlicher Intelligenz. Dabei entwickelt sich der Inselstaat mit nur 5,2 Millionen Einwohner:innen zu einem bemerkenswerten Akteur im globalen KI-Geschehen. Fast 96 Prozent der Bevölkerung sind online, rund 70 Prozent nutzen Glasfaseranschlüsse, und das 5G-Netz ist weit ausgebaut. Damit zählt Neuseeland zu den zwanzig Ländern mit den höchsten Internetgeschwindigkeiten. Die Gesellschaft ist technikaffin und einkommensstark, die Regierung gehört zu den „Digital 9“, einem Zusammenschluss besonders fortschrittlicher Staaten im Bereich E-Government. Entscheidend ist jedoch die besondere Kombination aus stabiler digitaler Infrastruktur und einer überschaubaren, innovationsfreundlichen Bevölkerung. Dadurch wird Neuseeland oft zu einem idealen Erprobungsfeld für neue Technologien. Auffällig ist zudem, wie das Land technischen Fortschritt mit kulturellen Werten verbindet. Und spannender noch: diese Balance von Innovation und Vertrauen weckt zunehmend internationale Aufmerksamkeit.
Historische Entwicklung und aktuelles Bild
Die ersten Ansätze zur Künstlichen Intelligenz in Neuseeland entstanden in der Wissenschaft und in Nischenprojekten. Bereits in den 1990er Jahren arbeiteten neuseeländische Forschende an KI, etwa an der University of Waikato, wo das WEKA-Tool für maschinelles Lernen entwickelt wurde. Ursprünglich gedacht für die Analyse landwirtschaftlicher Daten, fand es später weltweite Verbreitung. In den 2000er Jahren blieb KI vor allem in Forschungslaboren und experimentellen Start-ups verortet. Zwar ist die neuseeländische Techbranche vergleichsweise klein, der gesamte Digitalsektor lag 2021 bei rund sieben Milliarden NZ-Dollar, doch wächst sie seit 2016 mit etwa zehn Prozent pro Jahr, doppelt so schnell wie die Gesamtwirtschaft. Aus dieser Dynamik sind Vorzeigeunternehmen hervorgegangen:
Soul Machines, 2016 in Auckland gegründet, hat mehr als 200 Millionen Australische Dollar (ca. 130 Millionen Australische Dollar) eingesammelt, um „digitale Menschen“, also KI-gesteuerte virtuelle Agenten, zu entwickeln und zählt inzwischen globale Marken zu seinen Kunden.
Solche Erfolge haben der neuseeländischen KI-Szene internationale Sichtbarkeit verschafft, trotz ihrer geringen Größe.
Ende der 2010er Jahre stieg das Bewusstsein für die Chancen und Risiken von KI deutlich. Das AI Forum of New Zealand wurde gegründet, um Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zu vernetzen. Lange fehlte jedoch eine einheitliche Strategie. Neuseeland war das letzte OECD-Land, das einen nationalen KI-Plan veröffentlichte. Entsprechend zögerlich verlief die Einführung in Unternehmen. Noch 2023 setzten nur 48 Prozent der großen Firmen KI ein, 2024 waren es bereits 67 Prozent, getrieben durch den Hype um generative KI. Kleine und mittlere Unternehmen bleiben zurückhaltend: 68 Prozent gaben 2024 an, keine Pläne für KI zu haben. Dahinter stehen vor allem fehlende Kompetenzen und begrenztes Wissen.
Die Zentren der KI-Aktivitäten sind Auckland als Wirtschafts- und Start-up-Metropole sowie Wellington mit Regierung und Forschungseinrichtungen. Heute besteht das Ökosystem aus jungen Start-ups, Universitätslaboren und Niederlassungen multinationaler Konzerne wie Google oder Microsoft. Die Szene ist zwar kooperativ, aber noch im Aufbau. Mit der 2025 veröffentlichten nationalen KI-Strategie verfolgt die Regierung nun einen klaren Ansatz: weniger Grundlagenforschung, mehr konkrete Einführung. Ziel ist es, neuseeländische Unternehmen in die Lage zu versetzen, KI mit Vertrauen einzusetzen, anstatt das nächste ChatGPT erfinden zu wollen.
Kurz gesagt: Die KI-Landschaft Neuseelands ist noch jung, aber gewinnt an Tempo. Sie wurzelt in frühen akademischen Arbeiten, wird von einer neuen Gründungswelle getragen und erhält inzwischen spürbare Unterstützung der Politik.
Innovative Anwendungsfälle und Best Practices
Was Neuseeland an Größe fehlt, gleicht es durch innovative, lokal verankerte KI-Anwendungen aus. Von der Landwirtschaft bis zur Bewahrung indigener Sprachen: Projekte aus Neuseeland setzen meist bei konkreten Alltagsproblemen an und lösen sie mit bemerkenswerter Kreativität.
Revitalisierung der indigenen Sprache
In einem wohl weltweit einzigartigen Projekt hat die Māori-Medienorganisation Te Hiku Media ein KI-gestütztes Spracherkennungs- und Übersetzungsmodell für te reo Māori entwickelt, um die Sprache der Māori zu bewahren. Die Basis bildeten Sprachaufnahmen von Muttersprachlern, die gemeinschaftlich gesammelt wurden. Auf diese Weise entstand ein umfangreicher Datensatz, aus dem Anwendungen wie Sprachassistenten in te reo entwickelt werden konnten. Entscheidender noch: Das Projekt hat neue Maßstäbe bzgl. der indigenen Datensouveränität gesetzt. Die Māori-Gemeinschaft behält das Eigentum an den Sprachdaten, die als taonga, quasi eine Art Schatz, behandelt werden. Für dieses Engagement wurde Te Hiku-CEO Peter-Lucas Jones 2024 in die TIME-Liste der 100 wichtigsten KI-Persönlichkeiten aufgenommen. Er wirbt für gemeinschaftsgetragene KI statt „Big Tech, das unsere Daten verschlingt und sie uns teuer zurückverkauft“. Das Projekt gilt heute noch als Vorzeigebeispiel für ethische KI, die kulturelle Nachhaltigkeit unterstützt.
Intelligente Landwirtschaft
Die Landwirtschaft ist das Rückgrat der neuseeländischen Wirtschaft, und so überrascht es kaum, dass ein Start-up KI mit Milchkühen verbindet. Halter, gegründet vom Sohn eines Milchbauern, entwickelt solarbetriebene, GPS-fähige intelligente Halsbänder, mit denen Landwirte ihre Herden per App steuern können. Durch akustische und vibrierende Signale lassen sich Kühe virtuell einzäunen oder auf neue Weideflächen bewegen - effizienter, ressourcenschonender und mit geringerem Arbeitsaufwand. 2025 erreichte Halter eine Bewertung von einer Milliarde Dollar und wurde damit eines der seltenen neuseeländischen Tech-„Unicorns“. Doch Halter bringt nicht allein nur Profit: Präzisere Weidewirtschaft verringert Umweltbelastungen und hilft den Betrieben, Arbeitskräftemangel zu bewältigen.
Naturschutz
Bis 2050 will Neuseeland frei von invasiven Raubtieren sein, die die heimische Vogelwelt bedrohen. Und auch hier wird KI zum Helfer. Das Cacophony Project hat Wärmebildkameras und akustische Sensoren entwickelt, die Ratten, Hermeline oder Possums erkennen können. Mithilfe von maschinellem Lernen unterscheiden diese Systeme fast fehlerfrei die Merkmale von Raubtieren und informieren Naturschützer in Echtzeit. Neben Projekten wie PredaCAM, das KI für intelligente Fallen einsetzt, macht diese Technologie den Artenschutz gezielter und zugleich schonender. Experten vor Ort sprechen auch davon, dass KI „der Schlüssel zu Predator-Free 2050“ sei. Damit wächst die Chance, Neuseelands einzigartige Tierwelt dauerhaft zu schützen.
Über diese Beispiele hinaus sickert KI zunehmend in den Alltag ein - wie fast überall. Banken setzen Chatbots im Kundenservice ein, in Auckland läuft ein Pilotprojekt zur KI-gestützten Verkehrssteuerung, und Krankenhäuser testen Diagnosehilfen für Radiologie und Bildgebung. Auffällig ist, dass viele Innovationen einen lokalen Bezug tragen, sei es durch das Erlernen von te reo, durch die Achtung indigener Rechte oder durch die Anpassung landwirtschaftlicher Praktiken. Dieses Prinzip „global denken, lokal handeln“ hat Anwendungsfälle hervorgebracht, die nicht nur technologische Fortschritte markieren, sondern auch gesellschaftliche Werte Neuseelands widerspiegeln.
Rechtlicher und ethischer Rahmen
Neuseeland setzt bei der Regulierung von Künstlicher Intelligenz auf Ausgleich: Innovation ermöglichen und zugleich Rechte schützen. Die Politik geht bedacht vor, im Vergleich zu andeen Ländern vielleicht auch zu langsam. Ein spezielles KI-Gesetz gibt es bisher nicht. Stattdessen verfolgt die Regierung einen „light-touch“-Ansatz, der auf vorhandenen Prinzipien basiert und bestehende Gesetze nutzt. Der Privacy Act 2020 bildet bereits eine solide Grundlage für den Datenschutz im digitalen Zeitalter. Ebenfalls 2020 führte die Regierung weltweit erstmals eine Algorithmus-Charta ein. Diese freiwillige Selbstverpflichtung öffentlicher Behörden verlangt, Algorithmen ethisch, transparent und im Einklang mit den Verpflichtungen aus dem Vertrag von Waitangi einzusetzen. Dutzende Behörden haben unterzeichnet. Vorgeschrieben ist dabei auch, Māori-Perspektiven und Fragen der Fairness bei automatisierten Entscheidungen zu berücksichtigen. Schon früh wurde damit deutlich, dass Neuseeland KI durch eine wertebasierte Brille betrachtet.
Zwischen 2023 und 2025 hat die öffentliche Debatte über KI-Ethik an Schärfe gewonnen. Mehrere Vorfälle machten Schlagzeilen. So wurde bekannt, dass die neuseeländische Polizei ohne Genehmigung das umstrittene Gesichtserkennungssystem Clearview AI getestet hatte. Der Fall löste Kritik von Datenschützern aus und führte zu neuen Richtlinien, die den Einsatz solcher Systeme ausdrücklich untersagen. Gleichzeitig erinnern Vorfälle wie McClures Deepfake-Protest im Parlament daran, wie fragil dieses Vertrauen ist. Die Vision einer inklusiven, vertrauenswürdigen KI kann schnell brüchig werden, wenn Menschen die Schattenseiten am eigenen Leib erfahren. Solche Vorfälle sind zwar selten, haben jedoch die Notwendigkeit klarer Regeln und eines gesellschaftlichen „AI Social License“ (öffentlicher Zustimmung, dass KI verantwortungsvoll eingesetzt wird) verdeutlicht.
Als Antwort hat die Regierung im Sommer 2025 die erste nationale KI-Strategie vorgestellt. Dieses Rahmenwerk verankert ethische Prinzipien in der Entwicklung von KI. Es verpflichtet sich zu den OECD-Grundsätzen für KI, darunter die Achtung der Menschenrechte, Fairness, Transparenz und Rechenschaftspflicht. Besonders hervorgehoben werden die Rechte der Māori:
Der Vertrag von Waitangi soll bei allen KI-Initiativen, die Māori betreffen, gewahrt bleiben. Māori-Daten werden als taonga (Schatz) behandelt und ihre Souveränität als zentrale Priorität festgeschrieben.
In der Praxis bedeutet das, dass staatliche Stellen Māori konsultieren müssen, wenn KI-Projekte ihre Gemeinschaften betreffen, und dass indigene Daten besonderen Schutz genießen.
Die Strategie bleibt bewusst bei Leitlinien und vermeidet verbindliche Regulierung. „Principles-based“ lautet das Leitmotiv. Sie bildet aber die Grundlage für mögliche Gesetze in der Zukunft. Parallel hat die Regierung einen neuen Responsible AI Code für Unternehmen eingeführt, an den sie sich freiwillig halten können. Insgesamt ist Neuseelands rechtlich-ethischer Rahmen von Vorsicht und Konsens geprägt. Indem das Land früh Gemeinschaften einbindet und ethische Fragen betont, noch bevor alle technologischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, versucht es, nicht in die Falle des „move fast and break things“ zu geraten. Die Haltung lässt sich in einem Satz zusammenfassen: bedacht vorangehen und Vertrauen aufbauen.
Ausblick und neue Trends
Als Spätstarter im globalen KI-Wettlauf holt Neuseeland nun auf. Allerdings zu seinen eigenen Bedingungen. Die neue KI-Strategie markiert einen zukunftsorientierten Aufbruch. Ein zentraler Baustein ist die Investition in Menschen: Mit dem Programm für eine „future-ready workforce“ will das Land seine Bürgerinnen und Bürger mit KI-Kompetenzen ausstatten. Universitäten bauen Studiengänge für Maschinelles Lernen und spezialisierte KI-Kurse auf, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Angesichts der geringen Bevölkerungszahl ist der Wettbewerb um talentierte KI-Ingenieure international besonders hart. Auch der öffentliche Sektor wird einbezogen: Die Regierung führt Schulungen für Staatsbedienstete ein von Führungskräftetrainings bis zu Grundlagenkursen in KI-Kompetenz für Behörden. Das folgt dem Vorbild größerer Staaten, ist aber auf die Dimension Neuseelands angepasst.
Bis 2026 soll eine breite Basis an KI-Kenntnissen geschaffen werden, um dem Abwandern von Fachkräften durch lokale Weiterbildung entgegenzuwirken.
In der Wirtschaft liegt der Schwerpunkt auf Anwendung und Nischenführerschaft. Anstatt ein Silicon-Valley-ähnliches KI-Großunternehmen aufzubauen, positioniert sich Neuseeland als „fast follower“ und Innovator in ausgewählten Bereichen. Die Regierung erklärt offen, dass das Land fortgeschrittene KI-Modelle vor allem importieren und anpassen wird, statt eigene Systeme wie GPT-4 (oder 5) zu entwickeln. Ein pragmatischer Ansatz für eine kleine Volkswirtschaft. Der Vorteil: Ressourcen können gezielt in Bereiche mit hoher Wirkung investiert werden, etwa Landwirtschaft, Gesundheit oder Klimaschutz. Staatlich-private Initiativen fördern Experimente: Regulierungs-Sandkästen, Innovationsförderungen und Pilotprogramme in Feldern wie Telemedizin für entlegene Regionen, personalisierte Bildung oder nachhaltige Landwirtschaft. Gelingt die Strategie, könnte Neuseeland noch in diesem Jahrzehnt als beliebtes „Living Lab“ für vertrauenswürdige KI gelten. Ein Ort, an dem Unternehmen neue Anwendungen an einer aufgeschlossenen, diversen Bevölkerung mit unterstützender Regulierung erproben. Verstärkt wird dies durch den Ausbau der Infrastruktur: AWS und Microsoft errichten derzeit Rechenzentren in Neuseeland, und die Kooperationen mit ausländischen Universitäten und Unternehmen nehmen zu.
Auch international mischt Neuseeland überproportional mit. Bereits 2020 gehörte es zu den Gründungsmitgliedern der Global Partnership on AI und arbeitet seither mit größeren Staaten an Prinzipien für verantwortungsvolle KI. Das Land engagiert sich aktiv in Foren der OECD und von APEC, die globale Regeln für KI diskutieren. Häufig stimmt es seine Positionen mit dem Nachbarn Australien ab, etwa bei digitalen Wirtschaftsinitiativen und gemeinsamen KI-Herausforderungen im asiatisch-pazifischen Raum. In den kommenden Jahren dürfte Neuseeland Themen wie Ethik, Transparenz und indigene Rechte auf internationaler Bühne weiter vorantreiben - gestützt auf sein Ansehen als glaubwürdiger Vermittler.
Die großen Herausforderungen bleiben jedoch Größe und Tempo. Kann ein Land mit fünf Millionen Einwohnern die KI-Einführung schnell genug skalieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben? Kann es seine Talente im Land halten? Offizielle Stellen betonen, dass Offenheit und gezielte Investitionen die geringe Größe in einen Vorteil verwandeln könnten: ein bewegliches politisches Umfeld, das sich rasch anpasst. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob dieser Optimismus berechtigt ist. Hält der Trend an, dürfte Neuseeland einen Weg des stetigen, inklusiven Wachstums einschlagen und sich im globalen KI-Kosmos als das kleine Land behaupten, das es schaffen kann.
Neuseelands KI-Erfahrung: Lektionen für eine Welt im Wandel
Die KI-Entwicklung Neuseelands bietet wertvolle Lehren für andere Staaten, vor allem für kleinere Länder, die die Welle der Künstlichen Intelligenz reiten wollen, ohne von ihr überrollt zu werden. Einige Einsichten stechen hier besonders hervor. Erstens: Digitale Grundlagen sind entscheidend. Die nahezu flächendeckende Konnektivität und eine vorausschauende digitale Verwaltung, etwa die Algorithmus-Charta, haben es Neuseeland ermöglicht, die Einführung von KI im richtigen Moment zu beschleunigen. Zweitens: Vertrauen und kulturelle Verankerung sind Schlüsselfaktoren. Indem die Māori-Gemeinschaft aktiv in die KI-Politik eingebunden wird und Daten als Frage der Souveränität behandelt werden, schafft das Land gesellschaftliche Akzeptanz für KI, wie es größeren Staaten oft schwerfällt. So lassen sich Widerstände und Ängste vermeiden, die Innovation ausbremsen könnten. Menschen sind eher bereit, KI anzunehmen, wenn sie sehen, dass ihre Werte respektiert werden. Drittens: Es ist nicht nötig, in der Spitzenforschung führend zu sein, um von KI zu profitieren. Durch Bildung, Unternehmensanwendungen und ethische Leitplanken lässt sich als schneller Anwender ebenso ein Vorteil erzielen. Neuseeland setzt dabei bewusst auf den „Second-Mover-Advantage“: Die großen Technologiekonzerne entwickeln die Werkzeuge, das Land nutzt sie klug und flexibel für eigene Bedürfnisse.
Im Kern geht es in Neuseelands KI-Geschichte um Balance. Das Land sucht einen Mittelweg zwischen ungebremstem Tech-Optimismus und übermäßiger Regulierung. Die Regierung steuert das Wachstum aktiv durch Strategien, Rahmenwerke und Investitionen, bleibt dabei aber vorsichtig und prinzipientreu, damit Innovation nicht auf Kosten von Datenschutz, Fairness oder indigener Rechte geht. Für andere Staaten, vor allem solche mit begrenzten Ressourcen, ist Neuseeland ein Modell, wie sich KI zu eigenen Bedingungen gestalten lässt: Stärken nutzen - sei es eine qualifizierte Bevölkerung, besondere Anwendungsfelder oder starke Gemeinschaftswerte - und Schwächen wie Fachkräftemangel oder kleine Märkte durch Kooperation und Offenheit ausgleichen.
Die kommenden Jahre werden Neuseeland vor Herausforderungen stellen: Talente im Land zu halten und die Risiken wachsender KI-Nutzung zu managen. Doch die bisherigen Erfahrungen vermitteln eine ermutigende Botschaft: Auch ein kleines Land kann KI wirkungsvoll einsetzen, wenn es auf Inklusion, Vertrauen und lokale Innovation setzt. In einer Welt, die mit hohem Tempo auf eine KI-getriebene Zukunft zusteuert, zeigt Neuseeland leise, dass „innovativ und Māori-geführt“ Hand in Hand gehen können. Und dass der wahre Maßstab für den Erfolg von KI nicht allein im wirtschaftlichen Gewinn liegt, sondern vielleicht im gesellschaftlichen Nutzen.
AI Around the World ist eine Reihe von PANTA. In jeder Ausgabe werfen wir einen genaueren Blick auf ein Land: Wie wird Künstliche Intelligenz dort verstanden, gefördert, reguliert und genutzt? Wir erzählen Geschichten über Technologie und Gesellschaft, über politische Strategien und praktische Anwendungen. Nicht aus der Vogelperspektive, sondern aus der Nähe. Denn wer Künstliche Intelligenz wirklich ernst nimmt, muss global denken und lokal verstehen.